ECE Singen - Stellungnahme der Stadträtinnen Sabine Danassis & Dr. Isabelle Büren-Brauch (Grüne)

ECE Singen -  Stellungnahme der Stadträtinnen
Sabine Danassis & Dr. Isabelle Büren-Brauch (Grüne)

betreffend ihre Zustimmung zum Entwurf für den vorhabenbezogenen Bebauungsplanes (VHB) mit Vorhaben- und Erschließungsplan (VEP) und  Örtlichen Bauvorschriften "Einkaufs- und Dienstleistungszentrum Innenstadt“ (EDZ) mit erweitertem Geltungsbereich, GR-Sitzung vom 31. Mai 2016, TOP 3

 Die Frage, ob wir dem oben genannten Tagesordnungspunkt und damit der Ansiedlung des geplanten ECE in Singen zustimmen, war für uns keine einfache Entscheidung. Auch wir hatten Bedenken bezüglich der Größe des Centers, der Verträglichkeit mit dem bestehenden Handel, der städtebaulichen Integrität und wegen des Verkehrs. Auch wir haben uns gefragt, ob wir ein solches Center in Singen wirklich brauchen. Gerade nachdem es so viele Negativbeispiele von Einkaufszentren in anderen Städten gibt.

Wir müssen eine Entscheidung zum Wohle unserer Stadt treffen; und deswegen müssen wir alle Argumente dafür und dagegen in unsere Entscheidung mit einbeziehen. Der Entscheidungsprozess war langwierig und intensiv; wir haben viele Stunden damit verbracht, Gutachten zu studieren, an Klausurtagungen teilzunehmen, eigene Recherchen zu betreiben etc.. Einige von uns haben an Besichtigungen unterschiedlicher Einkaufszentren in Deutschland teilgenommen. D. h. wir haben uns also alle sehr intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt.

Im Ergebnis kommen wir zu folgendem Schluss:

Wir sehen im ECE ganz überwiegend eine Chance für Singen, welche gegenüber den Risiken, die ein ECE sicher in sich birgt, überwiegt und welche wir wahrnehmen sollten.

Zunächst ist ein solches Einkaufszentrum eine Möglichkeit, um der Konkurrenz der umliegenden Städte stand halten zu können und nicht „abgehängt“ zu werden. Wir sind in Singen nun mal eine Einkaufsstadt. Diese Stärke gilt es zu bewahren und auszubauen. Konstanz und Radolfzell haben oder werden alle ihre Einkaufszentren vergrößern und aufstocken. Wir sind in Singen momentan zwar gut aufgestellt. Wir müssen uns aber stetig verbessern; der Wandel ist unaufhaltsam. Viele klagen bereits jetzt, dass die Einkaufsmöglichkeiten nicht attraktiv genug seien, der Service sei unzureichend etc. Die Zunahme des Internethandels, welcher immer mehr eine Konkurrenz für den regionalen Handel vor Ort darstellt, erfordert unserer Ansicht nach erst recht, dass der bestehende Handel durch Innovation und Neuausrichtung noch attraktiver und damit konkurrenzfähiger wird.

In diesem Zusammenhang muss man sich auch fragen, wie weit die Kommune auf den Einzelhandel im Rahmen einer freien Marktwirtschaft Einfluss nehmen darf/soll. In anderen Bereichen – z. B. Dienstleistungsbereich – gibt es auch keinen Konkurrenzschutz. Warum verdienen inhabergeführter Einzelhandelsbetriebe einen erhöhten Schutz gegenüber dem restlichen Handel? Welche inhabergeführte Einzelhandelsbetriebe gibt es denn überhaupt noch in Singen? Warum sind diese schutzwürdiger als andere? Bei Kleinunternehmen gibt es z. B. keinen Kündigungsschutz für Mitarbeiter. Darüber hinaus gibt es auch inhabergeführte Einzelhandelsbetriebe, die sich für das ECE aussprechen, weil auch für sie die Vorteile bei der Ansiedlung des ECE überwiegen.

Die „Randlagen“ sind bereits heute ausgestorben; das Sterben der Geschäfte hier ist offensichtlich unaufhaltsam und hat nichts mit dem ECE zu tun.

Unserer Ansicht nach bedroht das ECE nicht den bestehenden Einzelhandel – im Gegenteil: wenn er es geschickt anstellt und sich der Aufgabe der Konkurrenz stellt, profitiert der Einzelhandel davon.

Darüber hinaus – und das war für uns ein wesentliches Element der Entscheidung – eröffnet der Bau des ECE die Möglichkeit, das Quartier um den Holzerbau zu sanieren und endlich diesen Schandfleck der Stadt zu beseitigen. Hier wird – sollte das ECE nicht kommen – nämlich nichts passieren.

Es geht nicht um städtisches Eigentum, das „verschachert“ wird. In Wahrheit gehört uns nur ein kleiner Teil der zu überplanenden Fläche (Zollgebäude und Thurgauer Str.). Der größte Teil der ECE Fläche ist Privateigentum. Hier kann die Stadt keine Alternativplanungen oder gar Angebote für einen anderweitigen Verkauf einholen. Wir können nicht Privateigentum überplanen. Und kaufen können und wollen wir es als Stadt auch nicht. Die jetzigen Eigentümer werden hier nicht mehr sanieren; sonst hätten sie es in den letzten 20 Jahren auch getan. Ein Einzelverkauf wird schwer möglich sein. Wer hat Interesse nur am Holzerbau z. B.? Wohnungsbau ist an dieser Stelle sicher nicht optimal – und müsste ebenfalls von einem privaten Investor geplant werden.

Eine weiteres Argument für die Realisierung des ECE sind die Arbeitsplätze. Es gehen keine Arbeitsplätze verloren, sondern es werden viele neue Arbeitsplätze geschaffen (bis zu 600)! 450,- Jobs wird es sicherlich auch geben und das ist auch gut so. Sie sind als Zweitjobs oder Studi-Jobs sehr gefragt. In den in Singen bestehenden Modefachgeschäften werden bereits jetzt überwiegend 450,- Euro Stellen beschäftigt.

Zudem wird Singen von den Gewerbesteuereinnahmen, welche sehr wohl auch in Singen gezahlt werden, profitieren.

Zugegebenermaßen sehen wir den Punkt Verkehr nach wie vor sehr kritisch; auch hier gibt es aber Konzepte und Lösungswege. Hier muss die Stadt weiter dran bleiben. Die vorliegenden Verkehrsgutachten sind wahrscheinlich nicht ausreichend, um das Problem zu lösen. In einem stetigen Begleitprozess muss die Verkehrsplanung angepasst und optimiert werden.

Auch das Urteil des Regierungspräsidiums, dass das ECE auch raumordnerisch vertretbar ist, ist natürlich in unsere Entscheidung mit eingeflossen.

Am Ende des Abwägungsprozesses kommen wir zum Ergebnis, dass ECE - nicht zuletzt auch wegen seiner sehr zentralen Lage - die Innenstadt und den Handel stärken und das zu überbauende Quartier aufwerten wird. Aus diesem Grund stimmen wir dem Entwurf für den vorhabenbezogenen Bebauungsplanes (VHB) mit Vorhaben- und Erschließungsplan (VEP) und  Örtlichen Bauvorschriften "Einkaufs- und Dienstleistungszentrum Innenstadt“ (EDZ) mit erweitertem Geltungsbereich zu.

 Sabine Danassis & Isabelle Büren-Brauch

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