Haushaltsrede der Grünen 2017

Haushaltsrede  31.01.2017  

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Häusler, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Seifried, meine Damen und Herren,  

Aufgrund der guten Wirtschaftslage steigen die Steuereinnahmen. Wir werden aller Voraussicht nach durch eine Nachzahlung wieder überdurchschnittlich hohe Gewerbesteuer-Zahlungen haben. Trotzdem stehen insgesamt 13,2 Mio. Euro neue Kredite im Haushaltsplan. Das hat zum einen mit GVV Themen zu tun, die wir vor uns herschieben, zum anderen mit der Tatsache, dass wir viel Geld in Infrastrukturmaßnahmen stecken müssen. Schul- und Kindergartenerweiterungen und Sanierungen sind unbestritten dringende Zukunftsinvestitionen. Die energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden hilft uns beim Klimaschutz und die Liste der Gebäude mit Sanierungsbedarf ist lang. Die Erneuerung der einen oder anderen Abwasserleitung, Radwege oder Straße ist unvermeidlich. Um als Stadt für die Bürgerinnen und Bürger attraktiv zu sein, müssen Sportanlagen erneuert und Kunst und Kultur gefördert werden.

Wir haben im letzten Jahr mit dem integrierten Stadtentwicklungskonzept ISEK ein Projekt auf den Weg gebracht, über das wir die Wünsche und Vorstellungen der Singener Bevölkerung in Erfahrung bringen wollen. Erste Ergebnisse werden uns ja am kommenden Freitag in einer Klausursitzung näher gebracht. In 2017 wollen wir auch noch ein neues Kulturkonzept erstellen. Beide Aktivitäten werden uns neue Wünsche und Forderungen bringen, die nicht ohne finanzielle Mittel verwirklichbar sein werden. Was will ich damit sagen: Wir wecken eine Menge Erwartungen, die wird nur zum Teil erfüllen können.

Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass die Stadtverwaltung in diesem Jahr auch eine Strukturanalyse des Haushaltes durchführen will, um zu sehen, wohin der Weg bei den Finanzen geht, wo wir gegensteuern und ob wir unsere Einnahmenseite verbessern müssen.

Was überhaupt nicht zur finanziellen Situation passt sind die hohen Beträge in der mittelfristigen Finanzplanung für die Umgestaltung der Hegaustraße. Und die Parallelstraßen wollen dann auch umgebaut werden. Wir unterstützen es den Verkehr dort zu reduzieren und die Straßen fußgängerfreundlicher zu machen. Einen unnötigen Straßenbelagsaustausch lehnen wir ab. 

Da die Stadtverwaltung sehr vorsichtig plant, werden wir die 13,2 Mio. Euro an Krediten wahrscheinlich nicht im vollen Umfang brauchen. Wir unterstützen diese vorsichtige Planung. Am Ende des Tages werden aber wieder viele dringend notwendige Dinge nicht umsetzt sein.

Um einen besseren Überblick über die Finanzen zu haben, wäre es aber auch hilfreich, wenn wir eine realistischere Planung von der Verwaltung bekommen würden. Seit Jahren verspricht man uns, die Haushaltsreste zu reduzieren. Sie sind die letzten Jahre immer weiter angestiegen.

Im Grunde ist der Haushaltsplan eine Zielvereinbarung des Gemeinderates mit der Stadtverwaltung. Deshalb ist ein guter Jahresabschluss nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass man keine oder wenige neuen Schulden macht, sondern auch dadurch, dass die vereinbarten Aufgaben auch zum Großteil umgesetzt worden sind.  

Es sind jetzt einige Projekte auf dem Weg, die in Singen zu deutlich mehr Wohnraum führen werden. Kunsthallenareal, Herz-Jesu-Platz, Malvenweg, Ecke Hauptstraße-Alemannenstraße, Schnaidholz, verschiedene Projekte der Baugenossenschaften und in den Ortsteilen usw. Es wird nicht nur Eigentumswohnungen geben, es sind auch viele Mietwohnungen mit dabei. Leider wird nur das Siedlungswerk geförderten Mietwohnungsbau realisieren, der dann für Menschen mit Wohnberechtigungsschein zur Verfügung steht. Das müssen wir in Zukunft bei anderen Investoren einfordern. Auch in Singen geht der Flächenverbrauch unvermindert weiter. Hier müssen wir deutlich besser werden. Die neue Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Netto-Null beim Flächenverbrauch als langfristiges Ziel festgeschrieben. Davon sind wir auch in Singen meilenweit entfernt.  

Die seit Jahrzehnten wichtigste Entscheidung zur Stadtentwicklung wurde im letzten Jahr vom Gemeinderat und in einem Bürgerentscheid getroffen. Die Ansiedlung eines Einkaufs- und Dienstleistungscenters wird große Veränderungen unserer Innenstadt mit sich bringen. Wir sehen unsere Aufgabe jetzt darin, dieses Projekt kritisch zu begleiten, mit dem Ziel, die negativen Auswirkungen zu minimieren und den Erfolg des EDZs zu sichern.    

Als Schulträger stehen wir in der Pflicht gute Bedingungen an den Schulen zu schaffen. Auch hier werden wir in den nächsten Jahren wieder viele Mill. Euro investieren. Genauso ist es bei den Kindertageseinrichtungen. Bildung, sagt man, ist unser wichtigster Rohstoff. Wir als Stadt haben die Pflicht für gute Rahmenbedingungen zu sorgen. Im Großen und Ganzen gelingt uns das auch. Diesen Weg werden wir weiter unterstützen.  

Die Zahl der Flüchtlinge ist in 2016 deutlich gesunken. Das hat es ermöglicht, die Unterbringung und die Integrationsleistungen zu verbessern. An dieser Stelle möchten wir uns auch wieder bei den vielen ehrenamtlichen Helfern bedanken. Ohne deren Hilfe wäre vieles nicht möglich. Wir sollten aber nicht vergessen, dass viele Fluchtursachen nicht beseitigt sind und sich viele Millionen Menschen auf der Flucht befinden. Deshalb müssen wir uns darauf einstellen, dass die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland auch wieder zunehmen kann.  

Der neue Wertstoffhof, der in den nächsten Wochen eröffnet, wird aufgrund seiner deutlich längeren Öffnungszeiten und seines Designs deutlich bürgerfreundlicher sein. Das entbindet uns aber nicht von der Verantwortung, weniger Müll zu produzieren. Beim Thema Müllvermeiden müssen wir aktiver werden. Wir müssen in 2017 auch den Stadtbus weiter verbessern. Vor allem das Industriegebiet muss wesentlich besser angeschlossen werden. Allerdings dürfen die Fahrpreise nicht zu stark ansteigen. Hier müssen wir den Kostendeckungsbeitrag durch die Fahrscheinentgelte heruntersetzen.

Um den bereits angesprochenen Sanierungsstau zu reduzieren, müssen wir uns auch neue Formen der Umsetzung anschauen. Deshalb stehen wir dem Vorhaben, das Friedrich-Wöhler Gymnasium im Rahmen eines Contracting Projektes zu sanieren, offen gegenüber. Vor wenigen Tagen haben wir Post von der Stiftung Naturschutz Berlin bekommen. In Berlin und einer Reihe anderer Städte gibt es den „Langen Tag der Stadtnatur“. Da wird den Bürgerinnen und Bürger die Natur und der Naturschutz in der Heimatstadt näher gebracht. Ich glaube, das wäre auch eine gute Sache für Singen.    

Lassen Sie mich noch ein paar Anmerkungen zum Thema politische Glaubwürdigkeit machen: Es gab in Singen seit vielen Jahren kein Projekt, bei dem so oft nachgefragt wurde, ob es Folgekosten verursachen würde, wie beim MAC I. Wir haben das Grundstück eingebracht und waren davon überzeugt, dass das unser einziger Betrag sein würde. Ohne Not und mit einer fragwürdigen Begründung wird das jetzt aufgehoben. Sie, Herr Oberbürgermeister Häusler, betonen immer wieder, dass eine Zusammenarbeit ohne ein Minimum an Vertrauen nicht möglich ist. Dieses Vertrauen wird hier beschädigt. Wenn jetzt für das MAC II ein Vertrag ausgehandelt wird, in dem ein Zuschuss ausgeschlossen wird, dann sagt das gar nichts. Wenn sich wieder eine Mehrheit im Gemeinderat findet, dann kann der Vertrag im gegenseitigen Einverständnis geändert werden. Dieses Vertrauen, dass uns ein solcher Vertrag vor weiteren Zuschüssen schützt, ist bei uns nicht mehr vorhanden.  

Wir haben vor einigen Jahren einen Grundsatzbeschluss getroffen, dass wir städtische Neubauten in Passivhausstandard realisieren wollen. Natürlich kann man solche Beschlüsse ändern. Wenn man das quasi aus dem Nichts bei irgendeinem Projekt macht. Dann ist das nicht hilfreich. Die Begründung, dass man mit der aktuellen Energieverordnung schon einen sehr guten Standard hat, ist ja nicht falsch. Mit dem eingesparten Geld könnte man tatsächlich andere Objekte, die in einem energetisch viel schlechteren Zustand sind, sanieren. Das Problem ist aber, dass gerade das Gebäudemanagement viel Arbeit vor sich herschiebt, was auch an den hohen Haushaltsresten in diesem Bereich ablesbar ist. Wenn jetzt neu vorgeschlagene Objekte vorgezogen werden, dann werden halt andere später realisiert. In der Summe ist das dann energetisch die schlechtere Lösung. Abhelfen würde hier nur mehr Personal im Gebäudemanagement. Man ist aber nicht bereit z.B. einen Energiemanager einzustellen, der sich ausschließlich um die Umsetzung von energetischen Sanierungsmaßnahmen kümmert.            

Lassen Sie mich bitte noch eine letzte Anmerkung zum Neujahrsempfang machen. Wir möchten uns bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister Häusler, ganz herzlich für die sehr klaren Worte und ihr Bekenntnis zu Europa bedanken. Nationalismus und Kleinstaaterei sind ein Rückschritt. Nur gemeinsam und mit Solidarität untereinander werden wir für unsere Kinder eine sichere und friedvolle Zukunft schaffen können.    

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wird dem Haushaltsplan für 2017 zustimmen.  

Wir bedanken uns bei der gesamten Stadtverwaltung für die gute Zusammenarbeit im letzten Jahr.

Eberhard Röhm
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

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